Hallihallo,
ich bin Marisa und habe 2019/2020 sieben Monate als IB-Freiwillige in Ecuador verbracht. Sieben Monate waren es nur deshalb, weil im März 2020 die Corona-Pandemie begann und wir das eigentlich geplante Jahr verfrüht abbrechen mussten. Das war damals sehr schlimm für mich - Ich hatte gerade das Gefühl, richtig angekommen zu sein und hatte mich darüber hinaus auch noch verliebt und war eigentlich gar nicht bereit, plötzlich unvorbereitet aufbrechen zu müssen. Ich lebte in der Kichwa-Gemeinschaft Kanambu und unterrichtete in der zugehörigen Schule Englisch. Außerdem habe ich oft an den gemeinschaftlichen Arbeiten im Dorf und in der Landwirtschaft, den „Mingas“, teilgenommen. Die Bewohner*innen Kanambus haben mich in all ihre Aktivitäten miteingebunden und mir vieles beigebracht, wofür ich sehr dankbar bin. Trotzdem lag noch viel vor mir: Mein Spanisch war gerade an dem Punkt angekommen, an dem der Englischunterricht endlich flüssig ablaufen konnte, ich hatte noch immer schon nach kurzer Zeit Blasen an den Händen, wenn ich mit der Machete arbeitete, ich beherrschte nur einzelne Kichwa-Vokabeln und brauchte nach wie vor fast doppelt so lange wie meine Gastmutter fürs Wäschewaschen per Hand. Allerdings hätte auch ein Jahr nicht gereicht, um alles zu lernen, was ich gerne gelernt hätte.
Meine tiefen persönlichen Beziehungen zu den Menschen, die ich in Kanambu kennenlernen durfte, bestehen bis heute und ich war noch ein paar Mal für mehrere Monate zu Besuch dort. Zudem versuche ich, von den Dorfbewohner*innen ins Leben gerufene Projekte aus der Ferne mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen.
Heute studiere ich Lateinamerikastudien und Psychologie in Bonn und stehe kurz vor meinem Bachelorabschluss. Viele Fragen, mit denen ich mich in meinem Studium beschäftige, begleiten mich seit dem Vorbereitungsseminar mit dem IB vor fünf Jahren. Vor allem die kritische Auseinandersetzung mit meiner Positionalität und Rolle als ehemalige Freiwillige und gegebenenfalls zukünftige Forschende, mit Privilegien und (de)kolonialen Kontexten liegt mir sehr am Herzen. Rückblickend hinterfrage ich auch das Konzept des „entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes“, wie es offiziell heißt, sehr viel mehr als ich es damals tat. Diese Reflexionsprozesse können manchmal frustrierend sein, aber sie erscheinen mir unerlässlich und der Austausch mit anderen ehemaligen Freiwilligen und meinen Kommiliton*innen hilft.
Um mit einem persönlichen Highlight zu schließen: Ich plane zurzeit meinen nächsten Besuch in Kanambu und freue ich mich schon sehr darauf!
Alles Liebe,
Eure Marisa
Mai 2024
Das Bild zeigt Marisa in Kanambu - Ecuador (2019/2020).
Marisa 2024